Gandauers Ankunft by Dietrich Kothe

Gandauers Ankunft by Dietrich Kothe

Autor:Dietrich Kothe [Kothe, Dietrich]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2015-11-28T16:00:00+00:00


Es sei vermutlich nichts, was zu Besorgnis Anlass gebe, hatte der Doktor nach Abhorchen und Beklopfen festgestellt. Gandauer solle jedoch bei nächster Gelegenheit zum Durchleuchten gebracht werden.

Vorerst würden ein paar Pillen genügen, um den Druck zu mildern.

Nun befand sich Gandauer wieder mit einem jetzt schweigenden Begleiter auf dem Weg zu seiner Zelle. „Ein sonderbarer Heiliger, dieser Bergner“, dachte er sich.

„Aufpassen musst du. Wie käme denn dein Ausspruch vom Engel gleich zu Beginn in diesen Hallen an dieses Publikum hier, dass sie dich jetzt damit aufziehen? Aufpassen musst du! Auch als Engelchen muss einer aufpassen. Die nennen dich so! Der Bergner macht sich mit diesem Pack gemein. Er versucht offenbar, dir eine Rolle zu verpassen, in seiner zusammengeschusterten Politkomödie. Diese Kerle, die im Unrat der Geschichte schürfen, um sich ihre Bockshirsche und Wolpertinger zusammenzubasteln. An was aus deiner Zeit erinnert dich das? Wir haben auch im Abfall gewühlt. Bis wir den Gestank an uns hatten. Du firmierst für etliche hier als ein Fossil politischer Natur. Aber es ist verführerisch. Vielleicht befördern die dich vom ja namenlosen Engel zum benannten Heiligen. Die Vergangenheit holt uns alle immer wieder ein! Mit ihrer ganzen Widersprüchlichkeit, die offenbar der Lebensgeist der Vergangenheit ist.“

Bergner ging kaum hörbar hinter ihm, und Gandauer überkam der Gedanke, „dieser Kerl wird seinen Kindern und Enkeln berichten, er habe noch einen von denen – von denen! – eskortiert. Von denen? Vielleicht wird er die – mich da! – als Helden bezeichnen oder mit sonst einem Kitsch bekleckern wollen.“

Um davon loszukommen, versuchte Gandauer ein Gespräch: „Verschubt. Heißt das, sie werden mich zum Röntgen verschuben?“

„Ach, schön, sie können wieder sprechen!“, tat Bergner erfreut. „Nein, wo denken sie hin? Unter einer Verschubung ist das Verbringen von Häftlingen in eine andere Anstalt zu verstehen. Findet jeden Donnerstag statt. Da fährt ein Justizbus unsere Anstalt an.“

Gandauer war es im Grunde gleichgültig, was der hinter ihm da an Vollzugsdeutsch dolmetschte.

Dann war er froh, wieder allein zu sein, ließ sich auf seiner Pritsche nieder, packte die Decke und verkroch sich in die Ecke, aus der er den ganzen Raum überblicken konnte. Er verscheuchte alle Gedanken – und wartete auf Suiter.



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